Die Causa Modrow ist umso komplizierter, da Modrow anscheinend neben dem BND auch vom eigenen Dienst für Staatssicherheit der DDR ausspioniert wurde. Seine Stasi-Akten sind bis heute unauffindbar. Modrow vermutet, dass ein Teil der Akten beim Verfassungsschutz lagert und ein Teil in Moskau.
Das Interesse Moskaus an Modrow als Honeckers Nachfolger ist möglicherweise nicht der einzige Grund, warum ein Teil seiner Stasiakten in Moskau lagert, vermutet Modrow. Es gibt auch indirekte Verbindungen
zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, der in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, als Modrow Vorsitzender der SED-Bezirksleitung Dresden war, in der heutigen sächsischen Landeshauptstadt seinen Dienst beim sowjetischen Auslandsgeheimdienst versah. Dies hat Modrow in einem persönlichen Gespräch mit dem ehemaligen MfS-Oberst Paul Bormann im Januar 2018 in Dresden erfahren. Im Februar verstarb Bormann. Er hatte gesagt, dass sein Nachfolger beim MfS, der inzwischen ebenfalls verstorbene Winfried Linke, seine eigene MfS-Akte, die von Bormann und die von Modrow im Herbst 1989, als immer mehr Stasizentralen von Bürgerbewegungen gestürmt wurden, persönlich zu den Kollegen vom KGB gebracht hat.
"Ich weiß verbürgt, dass Teilakten von mir über den Chef der KGB-Residenz, zu der auch Putin gehörte, Oberst Lasar Lasarejewitsch Matwejew 1990 nach Moskau gegangen sind. Das weiß ich von Paul Bormann, der leider vor drei Monaten verstorben ist und dessen Akte ebenfalls nach Moskau gegangen ist. Paul Bormann wurde 1988 mit 57 Jahren vom MfS in den Ruhestand geschickt, weil man wusste, dass Bormann auch damit beschäftigt war, Leute wie Putin zu schulen für den KGB. Wer als sowjetischer Agent mit Deutschen arbeitet, muss auch wissen, auch wenn er gut Deutsch spricht, wie man in der Kneipe spricht, wie man Vertrauen schaffen kann. Das hat Paul vermittelt. Und Paul hat mir auch erzählt, dass in der Akte des MfS zu mir auch ein Bild war, auf dem Lasar Lasarejewitsch, mit dem ich auch befreundet war, in die Bezirksleitung der SED geht. Der Vermerk dazu in der Akte war: Er ging zu einem Gespräch mit Modrow. Was beredet wurde, weiß man nicht", erzählt Modrow.